Der B2B Vertrieb im Wandel – Wie Sie den Herausforderungen geschickt entgegentreten

Der Kunde von heute ist klug und stets gut informiert. Aus diesem Grund hat sich der Vertriebsprozess stark gewandelt. Und auch der Außendienst muss sich an diese neuen Entwicklungen anpassen. Was der moderne Mitarbeiter im Vertrieb mitbringt und welche Herausforderungen in Zeiten der Digitalisierung auf diese Branche zukommen, verrät Dr. Alain Belcredi im folgenden Beitrag.

Ist der moderne Kunde klüger als früher ?
Eine zentrale, aber nicht die einzige Herausforderung für den heutigen B2B Vertrieb in einem komplexen Umfeld ist die massive Veränderung des traditionellen Verkaufsprozesses. Diese zeigt sich einerseits bei den gut ausgebildeten und vor allem wissenden Kunden von heute. Die meisten Kunden informieren sich vorab über Produkte (und Dienstleistungen) durch die Nutzung der ihnen zugänglichen Quellen. Sie verwenden neben dem heute schon klassischen Internet auch soziale Medien wie Instagram und You Tube, in denen alle Anbieter ihre Produkte und Lösungen mit großen Mengen an Informationen, Filmen und auch Referenzen bewerben. Man geht heute davon aus, dass die Kunden sich erst zu einem viel späteren Zeitpunkt an ihren Lieferanten wenden müssen, um detailliertere Informationen zu erhalten. Der erste Kontakt für  eine spezifische Anfrage kann sogar erst erfolgen, nachdem die ersten Entscheidungen über den Lieferanten und die Lösung getroffen worden sind.

Ein klassischer Außendienst wird nicht mehr ausreichen

Die Kunden treffen heutzutage eine Vorauswahl, erst dann sprechen sie mit ihren Lieferanten.
Von einem klassischen Vertriebsprozess werden dadurch einige Stufen übersprungen, die dem Lieferanten die Möglichkeit nehmen, einen guten Kontakt zu den Entscheidern und Genehmigern im Buying Center für dieses Projekts aufzubauen. Ein klassischer Außendienst, wie wir ihn heute im B2B Vertrieb vorfinden, technisch brillant und mit einer selbst entwickelten Verkaufstaktik am Markt, der den Kunden vor allem Neuigkeiten über sein Produktspektrum oder seine Lösungsvorschläge unterbreitet, wird in Zukunft nicht mehr ausreichen. Der Pro – Aktive Verkäufer beherrscht nicht nur technisch seine Produkte und Lösungen, er versteht zusätzlich die „Customer Journey“ jedes seiner wichtigsten Kunden. Er kennt die Strategie des Kunden und erkennt, wo seine Produkte und Lösungen dem End – Kunden helfen, erfolgreicher zu sein. Dazu muss man in der Lage sein , sämtliche technischen Möglichkeiten, welche die Digitalisierung bietet, auszunutzen. So wird zum Beispiel ein Außendienstler in Zukunft selbst einen Blog zu einem Produkt, einer Lösung oder eine Referenz ins Netz stellen.

Organisatorische Trennung ade

Dies führt zum nächsten wesentlichen Punkt der Veränderung. Die heutige organisatorische Trennung in den meisten Unternehmen zwischen Produktmanagement/Technik, Marketing, Vertrieb (Innen – und Außendienst) und einen Bereich für Service/After Sales (besser „Before NewSales“) wird Unternehmen behindern, erfolgreich zu sein.

Die entstehenden Verkaufsorganisationen sind flexibel und agil, damit sie kundenspezifisch mit unterschiedlichen Lösungen auf einzelne (wichtige) Key Accounts reagieren können. Zukünftig kann auch das Marketing, genauso wie der Servicebereich, für bestimmte Kunden proaktiv verantwortlich sein.
Gleichzeit muss man sich in jeder Organisation fragen, für welche Kunden welcher Aufwand gerechtfertigt ist. Teilweise werden Kunden, die heute noch regelmäßig besucht werden, in Zukunft vom Innendienst vertrieblich betreut werden. Auch der Innendienst wird proaktiv verkaufen. Die Entwicklung wird nicht von heute auf morgen passieren, es handelt sich um einen evolutionären Prozess. Veränderungen sind mit der Entwicklung bei den jeweiligen Kunden harmonisiert.

Neue Kommunikationskanäle – neue Mitarbeiterqualifikationen

Aber schon heute sind sehr viele Veränderungen erkennbar. So haben mir kürzlich zwei Vertriebsleiter eine sehr ähnliche Situation beschrieben:
„Heute erreiche ich die Kunden am Telefon immer seltener, obwohl alle Mobiltelefone haben. Schreibe ich aber eine E – Mail oder eine WhatsApp so bekomme ich innerhalb kürzester Zeit eine Antwort.“

Auf den Vertrieb kommt eine große Herausforderung zu. B2B Unternehmen müssen neue Mitarbeiter finden, die diese neuen Aufgaben bewältigen können. Noch viel wichtiger wird aber, die aktuellen Verkaufsteams in den eigenen Unternehmen zu schulen. Denn diese Schulung können weder Schulen, Universitäten oder Business Schools anbieten. Diese Ausbildung muss spezifisch auf das eigene Geschäft, die eigenen Kunden und die Wettbewerber ausgerichtet sein.

Für uns ist aber die wichtigste Erkenntnis:
Auch in Zukunft wird im komplexen B2B Vertrieb von Menschen an Menschen verkauft, allerdings mit neuen, digital unterstützten, Spielregel.

Workshops, Seminare und persönliche Kundenbesuche in Zeiten von und nach Corona

Anfang März 2020 hat sich unsere Welt von einem Tag auf den anderen radikal verändert. Fast alle Seminare, Konferenzen und Workshops wurden abgesagt. Dozenten und Ausbilder im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung mit einem starken Schwerpunkt auf der Durchführung von Präsenzveranstaltungen wurden von einem Tag auf den anderen praktisch arbeitslos. Alle Außendienstmitarbeiter wurden nach Hause geschickt und hatten keine Gelegenheit mehr zu Kundenbesuchen.

Wir, Belcredi &Partner haben unsere Programme digitalisiert, um nahe bei unseren Kunden zu bleiben und unsere Kunden konnten so nahe untereinander und bei uns bleiben. Flexibilität und hohe Innovationsbereitschaft sind gefragt.

Wir haben jetzt drei Monate Erfahrung mit virtuellen Trainings unter Nutzung verschiedenster digitaler Tools gesammelt und Belcredi&Partner zieht ein erstes Resümee:

  • Mit den technischen Möglichkeiten und digitalen Tools verschiedener Anbieter sind gute Schulungen und Interaktionen möglich.
  • Virtuelle Treffen sparen viel Geld und Zeit (u.a. Reise- und Veranstaltungskosten).
  • ABER In jeder Videokonferenz ist ein sehr diszipliniertes Arbeiten notwendig, die Gefahr der Ablenkung ist extrem hoch.
  • Das wichtigste – die virtuellen Meetings brauchen Struktur, viel mehr Struktur und Vorbereitung, als persönliche Treffen. Man benötigt ein Drehbuch, eine klare Agenda und klare Verhaltensregeln für die Meetings.

Haben virtuelle Workshops und Videoseminare damit das klassische Präsenzseminar und den persönlichen Kundenbesuch aus heutigem Verständnis langfristig abgelöst?

Wir sagen ganz klar NEIN.

Wir erkennen gravierende Probleme, die wir nicht mit einer Videokonferenz / einem virtuellen Workshop lösen können und sind überzeugt, dass dies kein Generationenproblem ist.

  • Es fehlt der persönliche Bezug zu den Teilnehmende – die Botschaft wird abgearbeitet.
  • Diskussionen kommen nur zögerlich in Fahrt. Zusätzlich wissen wir, dass die Teilnehmenden leicht durch die parallele Nutzung weiterer Medien (u.a. des Smartphones) zu Hause noch mehr ablenkt sind.
  • Das nicht gesprochene Wort, die Körpersprache kann nicht erkannt werden und unser Gehirn ist sehr angestrengt Gesichtszüge zu interpretieren. Ein hohes Maß an Konzentration wird stetig verlangt. Nach spätestens zwei Stunden sind die Teilnehmenden ermüdet und schalten oft ab oder werden noch leichter abgelenkt.
  • Das voneinander und miteinander Lernen fällt aus. Interaktionen und Fragen gestalten sich schwierig. Es gibt virtuelle Break Out Rooms, diese sind gut, aber die vorherigen Punkte treffen auch hier zu.

Wir sind überzeugt, Präsenzseminare, Workshops vor Ort und persönliche Kundenbesuche werden wieder zurückkehren. Die Mischung aus on und off-site wird jedoch ein andere sein. Virtuelle Meetings und Lernen funktioniert insbesondere dann, wenn bereits eine Vertrauensbasis zwischen den Workshop Teilnehmern und den Trainern, genauso wie zwischen den Kunden und Verkäufern etabliert ist.

Wie sieht die Mischung aus? Wir denken, dass wir mit 40 bis 60% virtuellen Lösungen auskommen werden.

Im B2B-Verkaufen, in unserem Spezialgebiet, wird der digitale Kundenbesuch eine wichtige Ergänzung sein. Wir sehen schon jetzt, dass der Verkaufsprozess sich nochmals deutlich verändern wird. Es werden viel mehr Menschen involviert sein, insbesondere da ein virtueller Kontakt deutlich einfacher herzustellen ist.

Damit muss die Qualität der echten Kundenbesuche umso höher werden. Jede Verkäuferin, jeder Verkäufer hat möglicherweise viel weniger Gelegenheit seinen Kunden/seine Kundin persönlich kennenzulernen und muss gleichzeitig auf immer mehr achten: u.a. den Inhalt des Gesprächs, aber auch das Vertrauen oder Misstrauen gegenüber dem Anbieter, die Rolle und die Körpersprache der einzelnen Teilnehmenden im Buying Center, etc.

Für mehr Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zu Verfügung: office(at)belcredi.eu.